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Woche 29 (13.03.-19.03.2025):Die Ereignisse überschlagen sich: Ankunft am Ende der Welt/ Reise, Geburtstag, Rückfahrt, Autopanne

2025_Jakobsweg_Woche_29
Datum:
19. März 2025
Von:
Annika, Eileen

Die letzte Woche war unfassbar ereignisreich. Wir haben wunderbare Menschen kennengelernt und das erste Mal seit langer Zeit ein Stück Weg mit einem anderen Pilger geteilt, was eine wirklich schöne Erfahrung war.

Für unsere letzte Nacht auf dem Camino hatte Eileen schon vorher bei einer Herberge nachgefragt, ob wir dort mit Pferd bleiben können. Die Antwort kam schnell und lautete, dass es gar kein Problem sei. Abends kamen wir an der Herberge an und die Wirtin erklärte uns, dass wir mit Pferd nicht dort schlafen könnten...

Wahrscheinlich konnte man in diesem Augenblick schon die großen Fragezeichen über unseren Köpfen sehen. Eileen schaute nach, ob sie der richtigen Nummer geschrieben hatte und alles stimmte. Es stellte sich heraus, dass wir mit der Tochter Kontakt hatten und dass es tatsächlich eine Wiese gibt, allerdings uneingezäunt. Wir sind natürlich gut vorbereitet und haben einen eigenen Zaun dabei.

Wir bekamen für die Nacht ein privates Doppelzimmer und konnten kostenlos waschen und heiß duschen. Herrlich! Außer uns kam niemand mehr, also hatten wir sogar ein ganzes Haus für uns alleine. Hier konnten wir am nächsten Morgen schonmal feiern. Eileen hat Geburtstag und ist jetzt 26 Jahre alt! Dann machten wir uns auf den Weg und liefen die letzten Kilometer. Im Dorf Fisterra holten wir uns unsere zweite Bescheinigung ab. Die sogenannte Fisterrana bekommt man für den Weg von Santiago de Compostela nach Fisterra. Sogar GoGo bekam eine Bescheinigung.

Aus dem Dorf ging es nun weiter bis zum Leuchtturm und zum tatsächlichen Ende der Welt. Hier konnten wir den zweiten Nullstein dieser Reise betrachten und mussten natürlich noch ein Foto machen, wobei wir versuchten nicht zu nah an den Klippenrand zu kommen. Die ganze Situation fühlte sich für uns etwas unwirklich und skurril an. Nach über einem halben Jahr stehen wir plötzlich nicht nur am Ende der Welt, sondern auch am Ende unserer Reise. Komisch. Es war bei weitem nicht so emotional, wie unsere Ankunft in Santiago, aber dennoch seltsam. Um das zu verarbeiten, aßen wir erstmal ein Eis.

Später gingen wir noch nach ganz vorne auf die begehbaren Aussichtsfelsen unterhalb des Leuchtturms. Hier konnte GoGo wieder ihre Treppenfähigkeiten unter Beweis stellen.

Nach einiger Zeit lernten wir hier die zwei Deutschen Frank und Patrizia kennen, die sich vom Camino Portugués kannten. Wir unterhielten uns lange und verabredeten uns zum Sonnenuntergang. Wir zwei und GoGo gingen auf den nahegelegenen Picknickplatz, wo wir auch über Nacht bleiben würden und luden etwas Gepäck von GoGo ab.

Später trafen wir uns alle zu einem phänomenal schönen Sonnenuntergang wieder. Traditionell wird am Ende der Welt etwas verbrannt, was man auf dem Jakobsweg dabei hatte. Inzwischen ist das zwar verboten, aber wir fanden es vertretbar dieser Tradition, in unserem eigenen Topf und ohne Müll zu hinterlassen, trotzdem zu folgen. Alle steuerten etwas bei und kurze Zeit später loderte unsere Vergangenheit in orange-roten Flammen. Alle spürten, dass das ein besonderer Moment war und niemand sagte ein Wort. Der Sonnenuntergang war ein echtes Naturschauspiel mit minütlich wechselnden Farben und Lichtershow.

Es gibt ein Sprichwort, dass Santiago jedem den Empfang bietet, den die Person verdient. Vielleicht gilt das genauso für das Ende der Pilgerreise?

Wir staunten zu viert und es fühlte sich absolut richtig an hier nicht nur zu zweit zu sein. Auf dem Jakobsweg ging es für uns nie um die Begegnung mit anderen, aber inzwischen hatten wir mehr als genug Zeit für die Begegnung mit uns selbst und Frank und Patrizia waren eine wunderbare Gesellschaft für diesen besonderen Abschluss.

Am Abend fuhren die beiden zum Schlafen ins Dorf zurück, wir breiteten unsere Plane aus und kuschelten uns unter dem Sternenhimmel in die Schlafsäcke. Was ein Tag!

Am nächsten Morgen wachten wir mit Aussicht auf den Sonnenaufgang auf und suchten uns den schönsten Aussichtspunkt. Als wir gerade mit allen Decken und Schlafsäcken umgezogen waren, kamen Frank und Patrizia an, mit denen wir uns schon verabredet hatten. Gemeinsam sangen wir und redeten und schwiegen und genossen den Moment.

Kurze Zeit später kam Eileens Papa an, der uns unser Auto mit Pferdeanhänger bis hierhin gefahren hat. Danke, das ist wirklich großartig und überhaupt nicht selbstverständlich! <3 Wir feierten großes Wiedersehen, frühstückten und luden dann alles Gepäck in Auto und Anhänger ein. Dabei schmissen wir schon so einige kaputte Dosen, Taschen und weiteres in den örtlichen Müllcontainer.

Danach machten wir uns noch einen schönen Nachmittag am Strand und unsere Wege trennten sich schon wieder, weil es keine gute Übernachtungsmöglichkeit für uns alle gab. Eileens Papa übernachtete erstmal in Fisterra und fuhr danach nach Santiago, um sich die Stadt anzuschauen und nach Hause zu fliegen. Wir machten uns auch auf den Heimweg. Autofahren nach so langer Zeit klappte erstaunlich gut und wir genossen gute zwei Tage lang unseren Roadtrip. Wir folgten ungeplant dem Jakobsweg im Inland und sahen immer wieder die schon bekannten Schilder und genossen herrliche Aussichten.

Hinter der französischen Grenze konnten wir wieder bei "Omi und Opi" unterkommen. Natürlich ist niemand von uns tatsächlich mit ihnen verwandt, aber sie behandeln uns genauso liebevoll wie Enkelkinder und so bekamen sie diesen Spitznamen von uns. Am nächsten Tag fuhren wir weiter zu der Kapelle, wo wir nach Weihnachten für eine Woche gelebt haben, weil GoGo nicht laufen konnte. Hier hinterließen wir eine Kerze aus Santiago, Blumen und einen weiteren Eintrag im Gästebuch. Der Kreis schließt sich.

Nach dem nächsten Tankstellenstopp kamen wir plötzlich einen Berg nicht mehr hoch. Erstmal dachten wir, dass es an den gerade aufgepumpten Reifen liegen könnte und wir ließen wieder etwas Luft ab. Das half auch nicht, also musste GoGo aussteigen und stand ab jetzt mit Annika im nächsten Feldweg. Das Auto bewegte sich nach wie vor kein Stück mehr vorwärts. So ein Mist! Anscheinend ist unser Abo für Abenteuer noch aktiv. Gut, dass Eileen vorher eine ADAC Premium Mitgliedschaft abgeschlossen hat. (Auch hier sind wir auf alles vorbereitet, was passieren könnte).

Mit Pferd eine Panne zu haben ist minimal komplizierter als alleine, aber der Mann am Telefon schien das Problem verstanden zu haben. Während wir auf den Abschleppdienst warteten und uns fragten, wie das wohl mit Pferd und Hänger funktioniert, kam plötzlich ein Mann mit seinem Toyota Land Cruiser vorbei. Was genau sein Auftrag war, ist uns immer noch unklar, aber ihm war es ein Anliegen bei uns zu bleiben und die Polizei zu rufen, um den Verkehr zu regeln.

Während wir nun auf Polizei und Abschleppdienst warteten, stand der Toyota Mann einfach in der Gegend rum. Unterhalten konnten wir uns nur teilweise. Er sprach kein Englisch und Eileens Französisch ist durch die lange Zeit in Spanien noch weniger geworden.

Eileen war klar, dass das für anständige Kommunikation im weiteren Verlauf nicht reichen wird. Also telefonierte sie alle im Bekanntenkreis ab, die gut Französisch sprechen. Die Dolmetscherin musste leider noch arbeiten, aber Eileens Freundin Hannah konnte übernehmen. Sie fand die ganze Sache super spannend und war sofort bereit zu helfen.

Etwas später kam die Polizei, Hannah hat übersetzt und währenddessen wurde Eileen vom ADAC angerufen. Die Frau am Telefon sprach noch besser Französisch und übernahm ab hier die Kommunikation für uns. Mega! Irgendwie klärte sich dann, dass das Auto abgeschleppt wird, im nahen Umkreis des Pannnehofes einige Reitställe sind und dass der Toyota Mann unseren Hänger an sein Auto ankoppelt. Die Polizei rief für uns beim Stall an und besorgte uns für die Nacht einen Schlafplatz, was mal wieder unfassbar nett war.

Der Abschleppdienst kam, wir wurden in das Auto vom Mann mit Toyota gesetzt und einige Zeit später landeten wir mit Polizeieskorte wohlbehalten, jedoch ohne Auto und nur mit dem allernötigsten Gepäck am Stall. Wir waren uns unabgesprochen einig, dass zu dem Allernötigsten auch viel Essen gehört.

Den nächsten Tag verbrachten wir im schönsten Sonnenschein mit Warten auf weitere Infos und wie es weitergehen soll. Irgendwann war klar, dass wir auf jeden Fall noch bleiben müssen und wir bestellten uns schon mal Pizza für abends. Mit gutem Essen wartet es sich bekanntlich besser. Eileen telefonierte mehrfach mit dem ADAC und bekam nach und nach alle wichtigen Infos. In Frankreich gibt es keine Mietwagen mit Anhängerkupplung, also wurde uns empfohlen jemanden zu suchen, der uns abholen kann. Die Kosten dafür werden übernommen. Im Vorfeld haben uns einige Personen ihre Hilfe angeboten und jetzt war es an der Zeit herauszufinden, wer tatsächlich mitten in der Woche die Möglichkeit hat uns bis nach Frankreich hinterherzufahren. Einige Telefongespräche später war klar, dass Eileens Freund Jona uns abholen wird. Mega! Bis dahin dürfen wir auch noch hier am Stall bleiben und am nächsten Tag würde uns die Besitzerin sogar mit ihrem Auto zu unserem fahren, um das restliche Gepäck abzuholen.

Die Stimmung bei uns ist gut, wir genießen die extra Tage Zwangsurlaub und freuen uns darauf Jona schon etwas früher wiederzusehen.