Pfadfinder - was ist das eigentlich?

von Florian Bollig

 

Wenn man die Leute auf der Straße fragt, was denn ein Pfadfinder so ist und macht, dann antworten viele „die sind doch die ganze Zeit im Wald unterwegs und kennen jeden Baum", „jeden Tag eine gute Tat" oder aber „die können doch jeden Knoten rückwärts mit verbundenen Augen knoten".

Gut, manche dieser Aussagen stimmen teilweise, andere wiederum sind eine Art Gerücht. Wir sind nicht den ganzen Tag im Wald unterwegs und ich z.B. kann nicht mit verbundenen Augen knoten.

 

Pfadfinder ist zunächst mal ein sehr großer Begriff. Es gibt weltweit hunderte von verschiedenen Pfadfindergruppierungen und - verbänden. Wir, der Stamm Ichtys, gehören beispielsweise der DPSG an. DPSG steht für Deutsche Pfadfinderschaft St. Georg. Das ist der größte Pfadfinderverband in Deutschland. Als Gründer der Pfadfinderbewegung gilt der britische Kavallerie-Offizier Lord Robert Baden-Powell. Seine Idee war es, Jungen und Mädchen aus allen sozialen Schichten zusammenzubringen, um so die Grenze zwischen arm und reich zu überwinden. Dazu veranstaltete er 1907 das erste Zeltlager für Jugendliche auf der Insel Brownsea in England, an dem 21 Jungen teilnahmen. Von ihm kam ebenfalls die Idee mit der Kluft, einem Hemd was ein wenig an die alten Militäruniformen erinnert, das heute noch das Erkennungszeichen jeder Pfadfinderin und jedes Pfadfinders ist. Diese ist ebenfalls ein Mittel, um nicht zu kennzeichnen, wer arm und wer reich ist. Aus einer Bewegung, die mit 21 Jugendlichen angefangen hat, ist knapp 110 Jahre später eine Organisation, die weltweit 38 Millionen Mitglieder zählt.

 

Aber was machen wir eigentlich?

Hauptbestandteil des Pfadfinderalltags sind unsere wöchentlichen Gruppenstunden. Wir spielen sehr viel. Darin sehen wir auch ein wenig eine Möglichkeit für die Kinder, dem teils stressigen Schulalltag und den anderen Hobbys zu entfliehen und einfach mal für 90 Minuten abschalten zu können. Doch Pfadfinder sein ist nicht nur spielen. Wir befassen uns in den Gruppenstunden auch mit gesellschaftlichen und politischen Themen. Beispielsweise haben wir uns vor zwei Jahren um diese Zeit mit dem Friedenslicht und dem Nahost-Konflikt beschäftigt. Natürlich nicht ganz so komplex, jedoch so, dass die Kinder sich Gedanken um Freiheit und Gerechtigkeit gemacht haben.

 

Einer der Höhepunkte im Pfadfinder-Dasein ist mit Sicherheit das Versprechen. Bei uns im Stamm legt man sein Versprechen für die jeweilige Stufe dann ab, wenn man circa ein halbes Jahr bei der Gruppe ist. Nachdem man sein Versprechen am Banner abgelegt hat, erhält man von dem Leiter, den man sich ausgesucht hat, um das Versprechen abzunehmen, das Halstuch in der entsprechenden Gruppenfarbe. Im Vorfeld des Versprechens befassen sich die Kinder mit den Pfadfindergesetzen und machen sich darüber Gedanken, was sie versprechen möchten, was ihnen wichtig ist. Das können soziale und politische Themen sein oder aber auch Umweltaspekte oder rein persönliche Sachen. Was bei den Wölflingen meist mit „Ich verspreche, die Umwelt und die Tiere zu schützen und mich nicht mehr so oft mit meinen Geschwistern zu streiten" beginnt, kann bei den Rovern bzw. den Leitern bei durchaus komplexeren und größeren Versprechen enden. Beispielsweise habe ich damals mit meiner Roverrunde ein Gruppenversprechen gemacht, in dem wir uns sehr stark auf unseren Gruppennamen „Umleitung" bezogen haben. Einer sagte zum Beispiel, dass er erst durch einige Umleitungen in unserer Gruppe gelandet ist. Ein zweiter versprach, dass er sich nicht vom rechten Weg „umleiten" lassen möchte. Ein Dritter versprach, dass er sich immer an den ursprünglichen Weg erinnern wird, um diesen so bald wie möglich wieder gehen zu können, wenn er mal eine Umleitung nehmen müsse. Sie sehen, dass so ein Begriff wie „ein Versprechen machen" einerseits sehr komplex und groß, andererseits aber auch recht einfach sein kann. Auf jeden Fall steht fest, dass jedes Versprechen, selbst wenn man schon zwei oder drei zuvor gemacht hat, einzigartig ist und die gesamte „Zeremonie" des Versprechens ein sehr schöner und auch ein wenig magischer Moment ist.

 

Als Pfadfinder packen wir auch gerne mal mit an. Und genau das haben wir bei der Renovierung des neuen Jugendheimes wieder unter Beweis gestellt. Angefangen bei leichteren Arbeiten wie z.B. dem Ausräumen des alten Jugendheimes bis hin zum Einreißen einer Wand zur Vergrößerung des Gruppenraumes, dem Streichen aller Wände bis hin zum Verlegen des Bodens haben wir alles in Eigenregie gemacht. An zahlreichen Samstagen und teilweise auch unter der Woche nach Feierabend wurde fleißig in und um das Haus gearbeitet. Dabei haben uns sowohl die Kinder als auch die Leiter und die Eltern tatkräftig unterstützt, sodass wir nun voller Stolz ein neues Jugendheim präsentieren können, das nicht nur zu Gruppenstunden, sondern auch zu anderen Veranstaltungen einlädt.

 

Um einen kleinen Vergleich zwischen unserem Stammesnamen „Ichthys" und dem Haus herzustellen: der Ichthys-Fisch war das Symbol der Christen, während ihrer Verfolgung. Mit diesem Symbol haben sich die Menschen als Anhänger Christus kenntlich gemacht. Das hat Menschen zusammengebracht. Und genau das macht das neue Jugendheim auch, es bringt Menschen zusammen. Nicht nur uns Pfadfinder für unsere wöchentlichen Gruppenstunden, sondern beispielsweise auch die Seniorinnen und Senioren der Gemeinde oder andere Gruppierungen.

 

Pfadfinder sein ist mehr als nur ein Hobby, mehr als nur eine Freizeitbeschäftigung, es ist eine Lebenseinstellung, die uns sehr viel gibt und uns die eine oder andere Sache aus einem anderen Blickwinkel betrachten lässt.